Die Urform der Musik

Wie hast du die Musik und das Trommeln für dich entdeckt?
Mit Musik habe ich schon immer sehr starke Emotionen verbunden. Kaum etwas „packt“ mich so, wie ein guter Song. Das war auch schon sehr früh so – ich habe bereits als Kind mein Taschengeld für Platten ausgegeben. Zudem habe ich schon immer auf allem Möglichen herumgeklopft und meine Mitmenschen damit so manches Mal ziemlich genervt.
Als Jugendlicher habe ich dann aktiv begonnen, Musik zu machen – eigentlich mit dem Schlagzeug, aber da in den Bands nie jemand war, der singen wollte (oder konnte), habe ich das dann übernommen und immer mehr gemacht. Das war für mich eine Möglichkeit, meine eigenen Gefühle auszuloten und sie zugleich auszudrücken. Nebenbei habe ich aber immer mehr traditionelle Percussion-Instrumente wie die Darbouka, die Djembé oder die Conga entdeckt und sie manchmal auch in den Sound der eher härteren Bands, in denen ich gesungen habe, eingebaut. Irgendwann war das mit den Bands zu Ende – aber die Percussion-Sachen blieben.
Trommeln ist für mich eine der Urformen von Musik. Ich kann mich darin vergessen, mich völlig entspannen und werde gleichzeitig von neuer Energie erfüllt. Mein Denken wird ausgeschaltet und ich habe das Gefühl, ganz pur ich zu sein und im Rhythmus aufzugehen. Ich mag den Klang, den man körperlich spürt.

Was inspiriert dich für gegenwärtige und künftige Projekte?
Da gibt es viele verschiedene Aspekte: Zum einen ist es die Natur, ihre Tiere oder Landschaften. Manchmal sehe ich zum Beispiel einen Berg und habe sofort einen Klang dazu im Ohr – dieses tiefe Dröhnen der Erde, diese Urgewalt, mit der der Berg einfach dasitzt. Oder ich sehe Raubvögel am Himmel und habe eine Idee für eine Melodie auf der Obertonflöte. Dort, wo ich wohne, gibt es viele Pferde, und ich finde es immer beeindruckend, wenn sieben oder acht von ihnen eine längere Strecke galoppieren – auch das hat einen ganz besonderen Klang, der mich inspiriert. Und im beginnenden Winter ziehen hier immer jede Menge Kraniche und Wildgänse über das Haus hinweg. Auch ihre Rufe sind eine ganz eigene Musik.
Zum anderen sind es die Instrumente selber: das Holz, das Fell. Die Djembé, auf der ich meist spiele, ist für mich wunderschön, etwas ganz Besonderes. Sie hat jede Menge Töne, jede Menge Feinheiten, die man aus ihr herauslocken kann. Wenn man sie dann mit anderen Instrumenten kombiniert, mit Klangschalen, Hölzern, was auch immer, dann kann man immer wieder etwas Neues entdecken.
Ich könnte auch ständig neue Instrumente kaufen – neue Klänge faszinieren mich einfach. Ehrlich gesagt, probiere ich auch jeden Tisch und jeden Stuhl aus, um zu erfahren, wie er klingt. Da kommen wir dann wieder darauf zurück, andere Menschen zu nerven…
Dann gibt es auch noch die Inspiration durch die Teilnehmer der Seminare von Jennie und mir. Wenn ich z.B. bei gewissen Zeremonien den Tanz der Teilnehmer begleite – sie also nicht zu meinem Trommeln tanzen, sondern ich zu ihrem Tanz trommele, ihren Ausdruck musikalisch umsetze – dann bekomme ich auch immer wieder neue Ideen, für die ich sehr dankbar bin.
Und zuletzt gibt es auch noch manche Bücher, bei denen Bilder in meinem Kopf entstehen, für die ich dann auch gleich einen Soundtrack parat hätte…

Was willst du den Menschen mit deiner Musik vermitteln?
Ich glaube, dass Trommelmusik den Bauch anspricht, sozusagen die Mitte des Menschen. Auch wenn in der spirituellen Szene oft von der geistigen Welt gesprochen wird, sind wir dennoch körperliche Wesen – und das ist auch gut so. Wir sollten das Geistige im wahrsten Sinne des Wortes ver-körpern.
Ein richtig lauter Bass-Schlag auf einer guten Djembé führt uns sofort ins Hier und Jetzt – und in unseren Körper. Das lässt uns aus dem Wolkenkuckucksheim zurückkehren, in das wir uns manchmal zurückziehen, heraus aus den Gedanken, in die wir uns manchmal versteigen können, zurück zu unserem Platz – genau HIER! Ganz natürlich können wir dann diesen Platz einnehmen. Das ist eine Energie, die ich sehr wertschätze, weil ich selbst manchmal dazu neige, viel zu verkopft zu sein und mir Gedanken mache, die kein Mensch braucht.
Es wäre schön, wenn meine Musik einen kleinen Teil dazu beitragen könnte, dass Menschen ihren Körper spüren, seiner Weisheit vertrauen und sich mit der Welt und den anderen Wesen verbunden fühlen würden.

Wie sehen deine zukünftigen Projekte aus, auf die wir uns freuen können?
Im Februar erscheint meine neue CD „Tao Drum“, die – wie der Titel schon andeutet – von den Weisen des alten Chinas inspiriert ist. Diese Lehrer des frühen Taoismus hatten einen ganz unverstellten Zugang zu sich selbst und der Welt, die sie umgab. Ich mag ihre sehr bodenständige Spiritualität sehr. Darüber hinaus verfügten sie über die Fähigkeit, sich wirklich zu entspannen, loszulassen, zu genießen – und dann, wenn es angebracht war, völlig mühelos zu handeln. Diese CD ist für all die Menschen gedacht, die sich öfter einmal überfordert fühlen oder unter Stress-Symptomen leiden, die ihnen jede Energie rauben. Die ersten beiden Stücke auf der CD dienen der Entspannung und der Regeneration, dann wird es etwas dynamischer und der Fokus liegt mehr auf dem Erlangen neuer Energie und Kraft. Es gibt tiefe, warme Trommeln, aber auch Hölzer, dazu Klangschalen und auch Obertonflöten. Ich bin sehr glücklich mit den Aufnahmen, die wieder Christian Köhler im KlangUnion-Studio in Bielefeld gemacht hat. Ich könnte mir nicht vorstellen, eine CD ohne ihn aufzunehmen.
Für den Herbst oder Frühjahr 2015 plane ich dann wieder eine tanzbarere Scheibe, die von schnelleren Rhythmen getragen sein wird. Dazu kann ich allerdings jetzt noch nicht so viel sagen, weil ich gerade erst mit der Planung begonnen habe.
Und ich probe zur Zeit gemeinsam mit dem Schlagzeuger meiner ehemaligen Band, wie man reine Percussion-Stücke auf die Bühne bringen kann. Das macht mir gerade sehr viel Spaß! Die perkussiven Sounds zusammen mit einem „normalen“ Schlagzeug klingen verdammt gut und machen richtig Druck. Mal sehen, was aus diesem Projekt wird. Ist auf jeden Fall klasse, wieder etwas mit ihm zusammen zu machen – ist ein toller Musiker und ein toller Mensch.

(Ursprünglich erschienen auf "Lesen. Hören.Staunen.", dem Blog von Darja Wetzel.)