Meilenstein

Als mich Petra Jastro vom Magazin Meile  bat, über einen persönlichen Meilenstein zu berichten, fiel mir neben vielen besonderen Erlebnissen, wie den Geburten meiner Töchter oder der Segenszeremonie, die Pater Seán ÓLaoire für mich und Jennie und unsere Beziehung abhielt, vor allem eine Erkenntnis ein, die mein Denken und Tun in den letzten Jahren maßgeblich beeinflusst hat: die Erkenntnis, dass Stille keinen Namen hat!
Das mag sich zunächst seltsam anhören, doch für mich war es eine entscheidende Wende in meinem Leben. Eine lange Zeit hatte ich mich in buddhistischen oder christlich-mystischen Kreisen bewegt und dort immer wieder festgestellt, dass ich die kulturell geprägten Glaubenssätze beider spiritueller Traditionen nicht gänzlich  teilte. Teilweise hatte ich mich verzweifelt bemüht, mein Denken und Empfinden an die vorgegebene Richtung anzupassen – doch war das natürlich ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen,  weil man sich nur eine gewisse Zeit lang selbst an der Nase herumführen kann. Irgendwann spürt man deutlich, dass es nicht der eigene Weg ist, den man geht, sondern dass man nur einem ausgetretenen Pfad folgt, der nicht dorthin führt, wohin man wirklich möchte.
Zu meinem Glück hatte ich immer einen guten Zugang zur Meditation, die mich stets zu mir selbst zurückbrachte, und alle Theorien und Konzepte, die wir uns so gerne selbst zurechtzimmern, in Frage stellt. Mit den Jahren wurde mir klar, dass es eigentlich nur eins ist, worum es mir bei meiner Spiritualität geht: Auf der Veranda zu sitzen und in eine weite Landschaft zu blicken, die Stille in und zwischen den Geräuschen zu spüren, ganz und gar in den gegenwärtigen Moment der grenzenlosen Verbundenheit einzutauchen und der Welt und ihren wunderbaren Wesen mit einem offenen Herzen zu begegnen!
Wenn mir diese Erfahrung von Zeit zu Zeit geschenkt wird, dann weiß ich am tiefsten und seelenvollsten Ort meiner selbst, dass diese Stille ohne jede Bezeichnung auskommt; dass sie weder buddhistisch noch christlich, weder hinduistisch noch muslimisch, weder jüdisch noch naturreligiös oder sonst wie genannt werden kann. Und selbst, wenn ich sie einfach „menschlich“ nennen wollen würde (was mir eigentlich gut gefiele), wäre dies noch zu kurz gegriffen. Wenn ich in dieser dynamischen, lebendigen Stille verweile, fällt auch jeder Begriff von mir ab, mit dem ich mich sonst selbst bezeichne, jede Maske, jede Rolle wird gänzlich überflüssig. Was dann bleibt, ist Freiheit. Und diese zu spüren, immer wieder in sie hineinlauschen, hineinsehen zu dürfen – das ist für mich wahrlich ein Meilenstein!